veröffentlichts am Montag, 19.03.2012
Cause-Marketing: Der System-Gastronom, der das System verändert
Chipotle geht einen komplett neuen Weg, der auch die Foodies und Frugalisten zu Dauergästen machen könnte. Die Zahlen sind – trotzdem – rekordverdächtig: Das Unternehmen mit Sitz in Denver/Colorado erzielte 2011 einen Umsatz von 2,2 Milliarden US-Dollar (McDonald‘s 2010: 24 Mrd. US-Dollar). Der operative Gewinnmarge mit den Restaurants erreichte den traumhaften Wert von 25, 9 %.
Jeden 2. Tag eröffnet Chipotle in den USA zurzeit eine neue Filiale. Und nach jeder 2. Filialeröffnung kommt ein neuer Farmbetrieb hinzu, der seine Schweine natürlich aufzieht und für Chipotle produziert. Das Unternehmen startete zunächst die Farmer-Kooperative Niman Ranch Pork Company mit 50 Bio-Farmbetrieben, mittlerweile sind es mehr als 700.
Chipotle betreibt konsequentes Cause- bzw. Werte-Marketing
Rechnet man die Umweltkosten ein, kostet ein konventioneller Hamburger nicht 3 US-Dollar, sondern 30, behauptet Harvard-Business-Management-Guru Umair Haque. Chipotle distanziert sich ausdrücklich von klassischer Werbung. Und das Unternehmen distanziert sich von „Marketing- Crack“: Immer teurere Werbung in den Massenmedien führt zu immer höheren Margen- und Sparzwängen beim Essensangebot. Chipotle dagegen erzählt mit viel Emotion seine eigene Geschichte von „Food with Integrity“.1. Virales Marketing wird überschätzt – es funktioniert jedoch dann, wenn hinter einem Slogan eine Marke steht, die eine Vision von einer besseren Welt hat.
Ein erfolgreicher Werbespot erzählt die Geschichte von einem Farmer, der irgendwann erkennt, dass die Produkte, die er anbietet, keine Mittel zum Leben, sondern Industriemüll sind. Kultsänger Willie Nelson spielt zu der Geschichte den Coldplay-Song „The Scientist“ ein, der demnächst über das Chipotle-Musiklabel verkauft wird. Die Vorpremiere des Spots auf YouTube machte die Botschaft vom besseren Essen und einer besseren Landwirtschaft zum Virus – er wurde mehr als 5.500.000-mal heruntergeladen (http://bit. ly/gute_burger).Chipotle betreibt Marketing als Bühne für ein großes Anliegen des Unternehmens: das Überleben der kleinen Farmen. Das Geld, das Chipotle mit seinen Songs verdient, fließt in die Chipotle Cultivate Foundation, die kleine Farmen unterstützt.
2. Kooperation, virale Werbe-Effekte und Co-Branding funktionieren dann fast von selbst, wenn in der Kommunikation eine bewegende Botschaft liegt (bei Chipotle: „Lasst uns die Landwirtschaft neu erfinden“).
In einem anderen Spot wird das massenhaften Farmersterben durch die industrialisierte Landwirtschaft thematisiert („Mamas Don’t let Your Babies Grow Up To Be Cowboys“). Ein Videospiel wie „Pandemonium“, das auf iPhones und Android-Geräten gespielt werden kann, lässt sich von den Chipotle-Aktionen inspirieren und stellt den Spielern die Aufgabe, ein erfolgreicher Farmer ohne Massentierhaltung und Antibiotika zu werden. 3. Kultmarketing lässt sich nicht aus dem Hut zaubern. Aber eine integre Marke wie Chipotle trifft die neuen Bedürfnisse vieler junger Menschen: „Feiern mit Sinn“, „Erst kommt die Party, dann das Engagement“.Unter dem Schlagwort „Cultivate“ hat Chipotle im vergangenen Herbst ein 17.000-Personen-Konzert veranstaltet. Hier wurden jedoch nicht wie üblich irgendwelche Bands eingeladen. Chipotle nutzte das Festival, auf dem unter anderem Calexico auftraten, um mit Info-Ständen auf die Exzesse der industrialisierten Landwirtschaft hinzuweisen. Darüber hinaus traten Star-Köche zusammen mit Farmern auf und demonstrierten, wie gesundes Essen und leckeres Fastfood zubereitet werden können. | ![]() |
Zukunftsletter-Einschätzung: Cause-Marketing ist der große kommende Marketing-Trend gerade für junge Zielgruppen. Doch Vorsicht: Wer mit seinem Produkt die Welt (zumindest ein bisschen) verändern möchte, weiß längst, dass die alten Marketing-Hebel nicht mehr wirken. Cause-Marketing ist etwas für Überzeugungstäter.