veröffentlichts am Donnerstag, 05.06.2008
Wie Sie mit der richtigen Preisstrategie die Konkurrenz überholen
Eine Alleinstellung kann man auf einem umkämpften Markt auch durch die Preisstrategie erreichen, so der Fachinformationsdienst „TrendScanner” . Einen innovativen Ansatz in diesem Bereich verfolgt das Seva-Café. Dieses wirbt mit dem Slogan „Sie sind unser Gast“.
Jeden Tag werden 60 Gäste eingeladen. Es gibt weder Preisliste noch Speisekarte, aber eine engagierte Bewirtung. Am Ende des Menüs wird um eine Spende gebeten - mit dem Geldeingang wird das Essen für die Gäste des nächsten Tages bezahlt.
Dieses Vorgehen nennt sich Forward Pricing (übers. etwa: Voraus-Preis) und gibt dem Seva-Café eine Alleinstellung, die es sehr bekannt gemacht hat. Jeder der Gäste wirkt als Multiplikator und Kundenwerber, weil er die außergewöhnliche Erfahrung weitererzählt. Auch wenn genau geprüft werden sollte, auf welche anderen Geschäfte das übertragbar ist - es zeigt die Richtigkeit der Grundthese: Preissetzung kann den entscheidenden Unterschied machen, der die Kunden anlockt.
Ein anderes Beispiel: Das Hotel Tannenhof in Sasbachwalden überließ den Kunden die Festlegung des Preises - und machte damit gute Erfahrungen; nur wenige Gäste nutzten das System aus.
Weitere innovative Ansätze: Ryanair verschenkt sein Produkt. Viele Flugreisen gibt es zum Nullpreis. An den Fluggästen verdient das Unternehmen dennoch: Zusatzleistungen werden berechnet, etwa das Aufgeben eines Koffers oder das Vorreservieren eines bestimmten Sitzplatzes. Überdies werden Zeit und Aufmerksamkeit der Kunden während des Fluges an Dritte verkauft. Jeder Flug ist eine Werbe- und Verkaufsveranstaltung in der Luft.
Werbeflächen auf Klapptischen sind von Inserenten belegt, Stewardessen betreiben den mobilen Laden im Flugzeug für hochwertige Konsumgüter (den iPod etwa kann man hier kaufen). Weitere Pläne von Ryanair-Chef Michael O‘Leary: Man könnte während der Flüge auch ein Spielcasino betreiben.
In vielen Märkten ist Preisführerschaft wichtig
Man muss nicht absolut der Billigste sein, aber die sichtbaren Konkurrenten unterbieten. Das macht Colruyt, eine Einzelhandelskette aus Belgien. Hier gibt es ein Netz von Preismeldern. Diese beobachten die Konkurrenz um jeden Laden: Gibt es ein Produkt, das auch Colruyt führt, beim Wettbewerb billiger, wird sofort Meldung gemacht.
Die Preiszentrale veranlasst dann eine Preissenkung des Colruyt-Produkts. Dafür braucht das Unternehmen nicht mehr als 20 Minuten. Damit erreicht Colruyt, dass jeder Laden an das lokale Preisniveau angepasst ist, keiner muss belgienweit der günstigste sein. Die Webseite enthält weitere gute Unternehmer-Ideen.
Einschätzung des „TrendScanner” : Vorsprung durch Preis-Innovation ist ein unterschätztes Thema. Wenige Unternehmen nutzen es, obwohl gerade hier noch Chancen liegen. Preis-Innovatoren sind sehr erfolgreich, denken Sie an Fluggesellschaften wie Ryanair oder Germanwings, die das Festpreissystem durch eine Versteigerung ersetzt haben.
Aussichtsreich kann auch die Antithese zum jeweils am Markt verbreiteten Preismodell sein. Beispiel: Im Mobilfunkgeschäft etwa sind intransparente Tarife, die keiner versteht, die Regel.
Hier machen Außenseiter mit einfachen Preissystemen das Geschäft ( www.simyo.de ). Im Hotelgeschäft sind offene und verdeckte Rabatte an der Tagesordnung. Der Hotelier Klaus Kobjoll (Landhotel Schindlerhof, Nürnberg-Boxdorf ) verlangt von jedem Gast denselben Preis für ein bestimmtes Zimmer - seine Ansage: „Keine Rabatte.“ Internet-Präsenz der vorgestellten Unternehmen: www.colruyt.be , www.sevacafe.org , www.ryanair.de